Es ist einer der schönen Altweibernachmittage im Oktober. Familie Neuberg hat es sich auf ihrer Terrasse in Öhringen gemütlich gemacht und genießt die wärmenden Sonnenstrahlen. Wäre da nicht ein Rollstuhl zwischen Rainer und Heike Neuberg, wäre Familie Neuberg eine „ganz normale“ Familie. Dem ist aber nicht so, denn Familie Neuberg, sprich die Eltern Heike und Rainer sowie die beiden älteren Söhne David und Jonas, haben eine Tochter bzw. Schwester, die ganz besonders ist. Denn die 8-jährige Sarah ist aufgrund eines Sauerstoffmangels, ausgelöst durch einen lebensbedrohlichen Bakterienbefall und einem damit verbundenen 10-minütigen Herzstillstand während der Geburt, schwer mehrfachbehindert. Sie hat eine ausgeprägte Spastik sowie eine Epilepsie und kann nicht, wie andere Kinder in ihrem Alter, laufen, sprechen, lesen und auch das Sitzen im Rollstuhl gelingt ihr nur Mithilfe eines Korsetts sowie mit Orthesen. „ Hätte sie die Unterstützung nicht, könnte Sarah sich nicht aufrecht im Rollstuhl halten. Mittlerweile gelingt es ihr schon kleine Mengen an Tee sowie passierte Kost zu schlucken, was anfangs überhaupt nicht möglich war. Durch das regelmäßige Training mit der Logopädin sind wir schon ein kleines Stückchen weiter gekommen“, freuen sich die Eltern, deren Tage ausgefüllt sind mit der Pflege ihrer Tochter und der Organisation der verschiedenen Therapien, die Sarah unterstützen und allesamt dazu beitragen, dass sie kleine Fortschritte macht.

„Zum reibungslosen Ablauf unseres Alltags müssen viele Faktoren ineinander greifen“, sagt Rainer Neuberg und zieht eine Zeichnung hervor, in dessen Mittelpunkt Sarah steht. „All diese Zahnräder wie Familie, Pflege, Beruf bzw. Schule, Therapien, auch die Seelsorge etc. müssen aufeinander abgestimmt werden, damit der Alltag ohne größere Komplikationen funktioniert.“ In der Mitte der Zeichnung steht Sarah mit Bleistift geschrieben und einem Herz versehen und um sie herum sind zahlreiche Kreise, die allesamt erforderlich sind im Zusammenleben mit diesem kleinen besonderen Mädchen, das an diesem Nachmittag ganz zufrieden und entspannt in seinem Rollstuhl sitzt und die Sonne genießt. „So entspannt war Sarah die ersten sieben Jahre nicht. Sie litt unter massiven Schmerzen aufgrund von Muskelverspannungen und schrie manchmal stundenlang. In den ersten Jahren schliefen wir nicht mehr als 3 Stunden pro Nacht“, erinnert sich die dreifache Mutter. Um diese Schmerzen zu lindern, wurde der kleinen Patientin im Alter von 2 Jahren eine Schmerzpumpe im Bauch implantiert, die mittels Katheter ein Schmerzmittel ins Hirnwasser abgeben sollte. „Doch trotz der Schmerzpumpe erlitt unsere Tochter nach wie vor die ersten Jahre Schreianfälle, ausgelöst durch einschießende Spastiken. Erst in der Reha, nach einer großen Hüftoperation im März 2016, kam ich ins Gespräch mit einer Mutter, deren Sohn ebenfalls mithilfe einer Schmerzpumpe spürbare Linderung der Schmerzen erfuhr und die an der Wirksamkeit von Sarahs Schmerzpumpe zweifelte. Und sie behielt Recht: Das Schmerzmittel konnte gar nicht bis ins Hirnwasser des Kopfes von Sarah gelangen, da der Katheter nicht entsprechend eingesetzt war!“ Erst die Implantation der zweiten Schmerzpumpe hat dazu beigetragen, dass Sarah bedeutend weniger Schmerzen hat und die Nächte dadurch etwas erholsamer sind – sowohl für Sarah als auch für die gesamte Familie, die allesamt ihren Schlaf braucht, da der Morgen früh beginnt.

Rainer Neuberg arbeitet auf dem Stadtbauamt in Öhringen, Heike Neuberg ist an zwei Vormittagen als Bürokraft tätig und alle drei Kinder gehen zur Schule. Sarah besucht die 3. Klasse der Grundstufe in Lichtenstern, eine Schule für geistige, körperliche und motorische Entwicklung. Sie wird jeden Morgen vom Kinderkrankenpflegedienst „Unterm Regenbogen“ von Pflegeschwestern versorgt. Aufgrund der schweren Behinderung benötigt Sarah eine medizinische Betreuung in der Schule. Sie fahren mit Sarah in die Schule als Fahr- und Schulbegleitung. Sarah wird tagsüber während des Schulbesuchs beim Lernen, während der Therapien und beim Schwimmen unterstützt. „Aufgrund der großen Klassen ist das natürlich für unsere Sarah ideal. So können sich die Lehrkräfte, die unheimlich engagiert sind, um die einzelnen Kinder intensiv kümmern. Neulich meinte sogar eine Lehrerin zu erkennen, wann Sarah „Ja“ meint und wann „Nein““, freut sich Heike Neuberg, für die die ersten Jahre nach der Geburt fast nicht zu bewältigen waren. „Anfangs war ich sehr verzweifelt und wusste überhaupt nicht, wie ich mit der Situation zurechtkommen sollte. Vor allem habe ich mich immer gefragt, ob ich etwas falsch gemacht hatte. Mein Mann konnte sich viel besser mit der Situation arrangieren!“, sie schaut zu ihrem Mann, der herzhaft lacht und meint: „Ich versuche das Beste aus jeder Situation zu machen und gehe ganz offen mit Sarah und ihrer Behinderung um.“

Er steht auf, weil Sarah anfängt in ihrem Rollstuhl unruhig zu werden und setzt sie sich auf den Schoß. Mit einer Hand unterstützt er den Kopf, den die kleine Sarah alleine nicht halten könnte. Unterstützt werden die Eltern ca. zwei Mal im Monat vom örtlichen Kinderhospizdienst in Öhringen im Rahmen der Familienbegleitung. Die Betreuerin, die diese Arbeit ehrenamtlich ausführt, ist sowohl für Sarah und auch für die beiden Brüder da. Auch steht sie für notwendige Gespräche allen zur Seite, eine wertvolle Hilfe Was beiden Eltern als Mitglied der Neuapostolischen Kirche hilft, ist ihr Glaube an Gott. „Wir gehen sonntags in die Kirche und unser Sohn Jonas mit Sarah in die Kinderkirche. Und auch wenn Veranstaltungen in der Schule unserer Söhne sind, ist Sarah immer mit dabei. Sie gehört zu unserem Leben und wir wollen sie nicht verstecken!“ Seit Sarah eine wirksame Schmerzlinderung durch die zweite Schmerzpumpe erfährt, sind immer mehr kleinere Erfolge in Sarahs Entwicklung zu erkennen.

Am meisten profitiert das Mädchen von der Delphintherapie, die sowohl Körper als auch Psyche stärkt und eine geistige Entwicklung fördert. Gerade durch eine Kurzzeit-Intensivtherapie können nachhaltige Verbesserungen und Entwicklungsfortschritte erzielt werden. Als Familientherapie kann die Delphintherapie zur Stärkung von Ressourcen und einer neuen Ausrichtung im konstruktiven Miteinander führen. „Wir waren die letzten vier Jahre mit der ganzen Familie für eine zweiwöchige Delphintherapie in der Türkei und haben bereits vor Ort festgestellt, wie sehr Sarah davon profitiert. Sie ist wesentlich entspannter, kann auf dem Rücken liegen, was sonst aufgrund der Ganzkörperspastik nicht möglich ist und genießt das warme Wasser und den Kontakt mit diesen wunderbaren Tieren. Diese positive Wirkung hält noch Wochen nach dem Urlaub an und wir sind dankbar, dass uns das die letzten Jahre ermöglicht wurde“, schwärmen die Neubergs, die auf Spenden sowohl für die Delphintherapie als auch auf Spenden für die Zukunft angewiesen sind. „Meine Frau und ich sind beide berufstätig und können unseren finanziellen Alltag stemmen. Aber was ist, wenn Sarah größer und vor allem schwerer wird? Unser Bad befindet sich im ersten Stock. Noch können wir Sarah nach oben tragen, aber bald müssen wir einen Aufzug einbauen lassen. Außerdem benötigt Sarah in der Zukunft einen elektrischen Rollstuhl, den ich mit meinem Auto so nicht transportieren kann, also ist auch hier in naher Zukunft ein behindertengerechtes Fahrzeug erforderlich. Wir wollen das alles für unsere Sarah ermöglichen, sind allerdings auf Spenden angewiesen“, er streichelt ihr zärtlich über den Kopf und sie blickt nach oben, als wüsste sie genau, von was ihr engagierter Vater spricht. Als ich an diesem Nachmittag Familie Neuberg verlasse, spüre ich eine tiefe Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit für ganz besondere Menschen, die so viel Liebe für ein ganz besonderes Kind in sich tragen und die dieses besondere Kind behüten, wie einen wertvollen Schatz.

Das Spendenkonto lautet: Ökumenischer Hospizdienst Region Öhringen, Verwendungszweck: Sarah Neuberg, IBAN: DE 05 62251550 0220024952 bei der Kreissparkasse Hohenlohekreis